Karl Popper
* 28.07.1902 in Wien † 17.09.1994 in Kenley
war ein österreichisch-britischer Philosoph und gilt als einer der bedeutendsten Vertreter der Wissenschaftstheorie und politischen Philosophie des 20. Jahrhunderts.
Karl Raimund Popper wurde am 28. Juli 1902 in Wien geboren. Sein Vater war Jurist und Anhänger der Aufklärung, was den jungen Karl stark prägte. Schon früh interessierte er sich für Philosophie, Mathematik und Physik.
Poppers Jugend war geprägt von der politischen und sozialen Unruhe der damaligen Zeit. Als junger Mann war er Zeuge des Zerfalls der österreichisch-ungarischen Monarchie und der Machtergreifung der Nationalsozialisten. Diese Erfahrungen prägten seine Überzeugungen und führten ihn zu einer kritischen Auseinandersetzung mit totalitären Ideologien.
In den 1920er Jahren studierte er an der Universität Wien Physik, Mathematik und Philosophie. Während dieser Zeit geriet er auch in Kontakt mit dem Wiener Kreis, einer Gruppe von Philosophen und Wissenschaftlern, die den Logischen Empirismus vertraten. Obwohl Popper mit einigen ihrer Ansichten sympathisierte, wandte er sich gegen den strikten Positivismus, den sie verfolgten.
Nach seinem Studium und einer kurzen Tätigkeit als Lehrer emigrierte Popper 1937 nach Neuseeland, um den Nationalsozialisten zu entkommen. In dieser Zeit schrieb er sein politisches Hauptwerk “Die offene Gesellschaft und ihre Feinde” (1945)
Nach dem Krieg siedelte Karl Popper nach Großbritannien über, wo er an der London School of Economics and Political Science lehrte und forschte. In den folgenden Jahrzehnten baute er seine Theorien weiter aus und veröffentlichte zahlreiche Arbeiten zu Wissenschafts-, Erkenntnis- und Politiktheorie.
Karl Popper starb am 17. September 1994 in London im Alter von 92 Jahren.
Poppers wichtigster Beitrag zur Wissenschaftstheorie ist sein Konzept der Falsifikation. In seinem 1934 veröffentlichten Buch “Logik der Forschung” wandte er sich gegen das verbreitete Verständnis, dass wissenschaftliche Theorien durch Bestätigung empirischer Beobachtungen verifiziert werden könnten. Stattdessen sah er, dass Wissenschaft fortschreitet, indem Theorien widerlegt (falsifiziert) und durch bessere ersetzt werden. Eine Theorie ist demnach nur dann wissenschaftlich, wenn sie widerlegbar ist. Für Popper bedeutete dies, dass echte Wissenschaft sich durch ständige Selbstkritik und Überprüfung auszeichnet, anstatt durch das Sammeln bestätigender Beweise. Dies war ein klarer Bruch mit der Vorstellung, dass Wissenschaft eine Methode sei, um Gewissheit und Wahrheit zu erlangen. Seine Theorie des Kritischen Rationalismus prägte das moderne Verständnis der Naturwissenschaften erheblich.
Poppers gesellschaftsphilosophisches Hauptwerk “Die offene Gesellschaft und ihre Feinde” ist eine leidenschaftliche Verteidigung von Demokratie und Liberalismus gegen Totalitarismus und dogmatische Ideologien. In diesem Buch kritisierte Popper scharf den Historismus, die Vorstellung, dass die Geschichte einer festen, gesetzmäßigen Entwicklung folgt. Er wandte sich gegen Denker wie Platon, Hegel und Marx, die er als Verfechter einer Geschichtsphilosophie sah, welche eine geschlossene Gesellschaft rechtfertigt, in der die individuelle Freiheit eingeschränkt und der gesellschaftliche Wandel als gesetzmäßig angesehen wird.
Karl Popper war Auslöser des Positivismusstreit, der in den 1960er Jahren zwischen den Vertretern des kritischen Rationalismus und Vertretern der kritischen Theorie, insbesondere Jürgen Habermas und Theodor W. Adorno geführt wurde. Die Debatte hatte weitreichende Folgen für die Entwicklung der Soziologie und Philosophie im 20. Jahrhundert.
Logik der Forschung
Zur Erkenntnistheorie der modernen Naturwissenschaft
Verlag Julius Springer, Wien 1935
Popper entwickelt hier seine Theorie der Falsifikation, nach der wissenschaftliche Theorien nicht verifiziert, sondern nur falsifiziert werden können. Er kritisiert den Induktivismus der Wissenschaft. Die Wissenschaft schreitet voran, indem Theorien getestet und widerlegt werden.
“Der Versuch, den Himmel auf Erden einzurichten, erzeugt stets die Hölle. Dieser Versuch führt zu Intoleranz, zu religiösen Kriegen und zur Rettung der Seelen durch die Inquisition.”
Die offene Gesellschaft und ihre Feinde
Erschienen 1945 unter dem Titel “The Open Society and Its Enemies” bei Routledge & Kegan Paul, London
In seinem politphilosophischen Hauptwerk argumentiert Popper gegen den Historismus und totalitäre Ideologien. Er kritisiert Platon, Hegel und Marx für ihre geschichtsphilosophischen Ansätze, die zu Unterdrückung führen können. Stattdessen plädiert er für eine offene, demokratische Gesellschaft.
Das Elend des Historizismus
Erschienen 1957 unter dem Titel “The Poverty of Historicism” bei Routledge & Kegan Paul, London
In diesem Buch setzt sich Popper erneut mit der Idee des Historismus auseinander. Er kritisiert die Vorstellung, dass Geschichte einer festen Richtung oder Gesetzmäßigkeit folgt. Stattdessen befürwortet er den kritischen Rationalismus als Grundlage für soziale Veränderungen.
Essays und Populäres
Karl Popper war ein Verfechter der klaren, verständlichen Sprache. Es lag ihm viel daran, seine Gedanken so zu formulieren, dass jeder Mensch sie verstehen kann. Das kommt vor allem in seinen Essaybänden zum Ausdruck.
Auf der Suche nach einer besseren Welt
München: Piper 1984
Alles Leben ist Problemlösen
München: Piper 1994
Alle Menschen sind Philosophen
München: Piper 2002
Karl Popper erhielt zahlreiche Auszeichnungen und Ehrungen, darunter den Lippincott Award der American Political Science Association, den Sonning-Preis, die Otto-Hahn-Friedensmedaille der Gesellschaft der Vereinten Nationen in Berlin sowie Stipendien der Royal Society, der British Academy, der London School of Economics, des King’s College London, des Darwin College, Cambridge, der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und der Karls-Universität Prag.
Er wurde 1965 von Königin Elisabeth II. zum Ritter geschlagen und 1976 zum Fellow der Royal Society gewählt. 1982 wurde er mit den Insignien eines Mitglieds des Ordens der Companions of Honour ausgezeichnet.
Die Ehrenbürgerschaft und zahlreiche Auszeichnungen erhielt Karl Popper von der Stadt Wien.
Die Bundesrepublik Deutschland verlieh ihm das Große Verdienstkreuz mit Stern und Schärpe des Verdienstordens sowie den Orden Pour le Mérite für Wissenschaften und Künste.
Im Jahr 1989 wurde er als erster mit dem Internationalen Katalonien-Preis für „seine Arbeit zur Entwicklung kultureller, wissenschaftlicher und menschlicher Werte in der ganzen Welt“ ausgezeichnet.
1992 erhielt er den Kyoto-Preis für Kunst und Philosophie als „Symbol für den offenen Geist des 20. Jahrhunderts“ und für seinen „enormen Einfluss auf die Gestaltung des modernen intellektuellen Klimas“.
Quelle: https://en.wikipedia.org
„Ich bin ein ganz und gar altmodischer Philosoph, der an eine völlig veraltete und überholte Philosophie glaubt. Es ist die Philosophie eines längst vergangenen Zeitalters, des Zeitalters des Rationalismus und der Aufklärung. Als einer der letzten Nachzügler des Rationalismus und der Aufklärung glaube ich an die Selbstbefreiung des Menschen durch das Wissen.“ [1]
Karl Popper war ein streitbarer Geist, der auch die philosophischen Autoritäten gern in Frage stellte.
Platon unterzog er in „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“ einer umfangreichen Kritik. Er warf ihm vor, mit seinem Idealstaat eine totalitäre Gesellschaft zu propagieren. In dieser Gesellschaft sollte eine kleine Elite, die „Philosophenkönige“, die absolute Macht haben, während die Mehrheit der Bevölkerung unter strenger Kontrolle und Hierarchie steht. Die Demokratie hingegen betrachtete Platon als eine Herrschaft der Unwissenden. Popper sah darin einen Vorläufer von totalitären Regimen, da Platons System individuelle Freiheit stark einschränkt und den Staat über das Individuum stellt.
Auch warf er Platon vor, die Gesellschaft auf der Grundlage von festen, natürlichen Hierarchien und vermeintlich ewigen Idealen zu gestalten. Platons Philosophie beinhaltete die Vorstellung, dass die Welt der Ideen unveränderlich und vollkommen sei und dass die materielle Welt nach diesem idealen Plan geordnet werden sollte. Popper sah in dieser Geschichtsphilosophie die Wurzel für politische Systeme, die den Menschen vorschreiben, sich einem „höheren“ Ziel oder einer vorbestimmten Ordnung zu unterwerfen.
Popper kritisierte Platon dafür, dass er Veränderung und Fortschritt als negativ betrachtete. Platon strebte nach einer idealen Gesellschaft, in der es keinen Wandel geben sollte, weil diese Gesellschaft bereits die höchste Form menschlicher Organisation darstelle. Popper hingegen plädierte für die offene Gesellschaft, die durch Diskussion und Reform stetig verbessert wird. Er sah Platons Vorstellung eines stabilen, unveränderlichen Staates als gefährlich an, da sie Innovation und Kritik unterdrückt.
Hegel
Ähnlich waren die Vorwürfe gegen Hegel. Popper sagte, er kann „in der Philosophie der Romantik und insbesondere in der Philosophie der drei großen Führer des deutschen Idealismus, Fichte, Schelling und Hegel, nichts anderes sehen als eine intellektuelle und moralische Katastrophe – die größte intellektuelle und moralische Katastrophe, von der die deutsche und die europäische Intelligenz jemals heimgesucht wurde.“ [2]
Hegel behauptete, dass die Geschichte einer festen, dialektischen Entwicklung folgt, die letztlich zum Endpunkt der Vernunft oder des absoluten Geistes führt. Popper hielt diese Sichtweise für gefährlich, da sie den Historizismus fördert – also den Glauben, dass die Geschichte einem festen Muster folgt, das durch Philosophen oder Führer verstanden und gesteuert werden kann. Dieser Glaube könne totalitäre Regime legitimieren, die behaupten, im Einklang mit den „Gesetzen der Geschichte“ zu handeln.
Popper war auch ein Kritiker von Hegels Schreibstil und seiner undurchsichtigen, bewusst mystifizierenden Sprache. Er warf Hegel vor, eine Art von vernebelnder Rhetorik zu verwenden, die es unmöglich mache, seine Aussagen klar zu prüfen oder zu widerlegen.
Marx
Obwohl Popper in jungen Jahren Anhänger der Ideen von Karl Marx war und der Kommunistischen Partei beitrat, wandte er sich bald vom Marxismus wieder ab. Er erkannte zwar an, dass Marx wichtige soziale Probleme des Kapitalismus aufgezeigt habe, aber er hielt seine Theorien insgesamt für problematisch, weil sie zu totalitären Tendenzen führen und den Fortschritt der Gesellschaft behindern könnten. Wie schon bei Platon und Hegel lehnte er den historischen Determinismus ab, der die Grundlage der Marxschen Geschichtsphilosophie bildete.
Auch teilte er Marx‘ Lehre nicht, dass der Klassenkampf die einzige treibende Kraft in der Geschichte sei, sondern meinte, dass gesellschaftliche Probleme durch schrittweise Reformen gelöst werden könnten, anstatt durch revolutionäre Umstürze.
Adorno und Habermas
Im „Positivismusstreit“ der 1960er Jahre standen sich zwei Lager gegenüber: Karl Popper und die Vertreter des kritischen Rationalismus, der eine empirische Wissenschaft verlangte, und auf der anderen Seite die Frankfurter Schule, die den Positivismus als reduktionistisch kritisierte und eine gesellschaftskritische Rolle der Sozialwissenschaften forderte. Auch ging es dabei um die Frage, ob die Sozialwissenschaften wertneutral sein sollten. Während Popper für eine möglichst wertfreie Wissenschaft plädierte, die sich auf Fakten stützt und normative Urteile von empirischer Forschung trennt, argumentierte Adorno, dass Sozialwissenschaften nie vollständig wertneutral sein könnten, weil die Wissenschaftler selbst Teil der gesellschaftlichen Strukturen seien, die sie untersuchen, und weil die Wahl der Fragestellungen und die Interpretation der Ergebnisse immer von normativen Annahmen durchdrungen seien.
„Ich kann nur sagen, wenn ich Adorno oder Habermas lese, fühle ich mich, als ob Verrückte sprechen würden.“ [3]
Mit diesen drastischen Worten wendet sich Popper gegen die schwer verständliche Sprache, die er schon an Hegel kritisierte.
„Ich habe einige ihrer deutschen Sätze in einfaches Deutsch übersetzt. Es stellt sich heraus, dass sie entweder trivial oder tautologisch oder schlichtweg prätentiöser Unsinn sind.“
Hier einige Beispiele: [4]
Zitat Habermas | „Übersetzung“ Popper |
Die gesellschaftliche Totalität führt kein Eigenleben oberhalb des von ihr Zusammengefaßten, aus dem sie selbst besteht. | Die Gesellschaft besteht aus den gesellschaftlichen Beziehungen. |
ebensowenig aber ist Totalität eine Klasse, die sich umfangslogisch bestimmen ließe durch ein Zusammennehmen aller unter ihr befaßten Elemente. | ebensowenig ist (sic) das Ganze eine Klasse von Elementen. |
Theorien sind Ordnungsschemata, die wir in einem syntaktisch verbindlichen Rahmen beliebig konstruieren. | Theorien sollten nicht ungrammatisch formuliert werden; ansonsten kannst Du sagen, was Du willst. |
Sie erweisen sich für einen speziellen Gegenstandsbereich dann als brauchbar, wenn sich ihnen die reale Mannigfaltigkeit fügt. | Sie sind auf ein spezielles Gebiet dann anwendbar, wenn sie anwendbar sind. |
[1] Referat 25. August 1958 in: „Alle Menschen sind Philosophen“ München: Piper 2002 S.197
[2] ebd.
[3] Karl Popper: Brief vom 28.04.1970 an Raymond Aron
[4] „Gegen die großen Worte“ in Karl Popper „Auf der Suche nach einer besseren Welt“ München: Piper 1984
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Karl Popper
28.07.1902 in Wien † 17.09.1994 in Kenley
war ein österreichisch-britischer Philosoph und gilt als einer der bedeutendsten Vertreter der Wissenschaftstheorie und politischen Philosophie des 20. Jahrhunderts.
Karl Raimund Popper wurde am 28. Juli 1902 in Wien geboren. Sein Vater war Jurist und Anhänger der Aufklärung, was den jungen Karl stark prägte. Schon früh interessierte er sich für Philosophie, Mathematik und Physik.
Poppers Jugend war geprägt von der politischen und sozialen Unruhe der damaligen Zeit. Als junger Mann war er Zeuge des Zerfalls der österreichisch-ungarischen Monarchie und der Machtergreifung der Nationalsozialisten. Diese Erfahrungen prägten seine Überzeugungen und führten ihn zu einer kritischen Auseinandersetzung mit totalitären Ideologien.
In den 1920er Jahren studierte er an der Universität Wien Physik, Mathematik und Philosophie. Während dieser Zeit geriet er auch in Kontakt mit dem Wiener Kreis, einer Gruppe von Philosophen und Wissenschaftlern, die den Logischen Empirismus vertraten. Obwohl Popper mit einigen ihrer Ansichten sympathisierte, wandte er sich gegen den strikten Positivismus, den sie verfolgten.
Nach seinem Studium und einer kurzen Tätigkeit als Lehrer emigrierte Popper 1937 nach Neuseeland, um den Nationalsozialisten zu entkommen. In dieser Zeit schrieb er sein politisches Hauptwerk “Die offene Gesellschaft und ihre Feinde” (1945)
Nach dem Krieg siedelte Karl Popper nach Großbritannien über, wo er an der London School of Economics and Political Science lehrte und forschte. In den folgenden Jahrzehnten baute er seine Theorien weiter aus und veröffentlichte zahlreiche Arbeiten zu Wissenschafts-, Erkenntnis- und Politiktheorie.
Karl Popper starb am 17. September 1994 in London im Alter von 92 Jahren.
Poppers wichtigster Beitrag zur Wissenschaftstheorie ist sein Konzept der Falsifikation. In seinem 1934 veröffentlichten Buch “Logik der Forschung” wandte er sich gegen das verbreitete Verständnis, dass wissenschaftliche Theorien durch Bestätigung empirischer Beobachtungen verifiziert werden könnten. Stattdessen sah er, dass Wissenschaft fortschreitet, indem Theorien widerlegt (falsifiziert) und durch bessere ersetzt werden. Eine Theorie ist demnach nur dann wissenschaftlich, wenn sie widerlegbar ist. Für Popper bedeutete dies, dass echte Wissenschaft sich durch ständige Selbstkritik und Überprüfung auszeichnet, anstatt durch das Sammeln bestätigender Beweise. Dies war ein klarer Bruch mit der Vorstellung, dass Wissenschaft eine Methode sei, um Gewissheit und Wahrheit zu erlangen. Seine Theorie des Kritischen Rationalismus prägte das moderne Verständnis der Naturwissenschaften erheblich.
Poppers gesellschaftsphilosophisches Hauptwerk “Die offene Gesellschaft und ihre Feinde” ist eine leidenschaftliche Verteidigung von Demokratie und Liberalismus gegen Totalitarismus und dogmatische Ideologien. In diesem Buch kritisierte Popper scharf den Historismus, die Vorstellung, dass die Geschichte einer festen, gesetzmäßigen Entwicklung folgt. Er wandte sich gegen Denker wie Platon, Hegel und Marx, die er als Verfechter einer Geschichtsphilosophie sah, welche eine geschlossene Gesellschaft rechtfertigt, in der die individuelle Freiheit eingeschränkt und der gesellschaftliche Wandel als gesetzmäßig angesehen wird.
Karl Popper war Auslöser des Positivismusstreit, der in den 1960er Jahren zwischen den Vertretern des kritischen Rationalismus und Vertretern der kritischen Theorie, insbesondere Jürgen Habermas und Theodor W. Adorno geführt wurde. Die Debatte hatte weitreichende Folgen für die Entwicklung der Soziologie und Philosophie im 20. Jahrhundert.
Logik der Forschung
Zur Erkenntnistheorie der modernen Naturwissenschaft
“Der Versuch, den Himmel auf Erden einzurichten, erzeugt stets die Hölle. Dieser Versuch führt zu Intoleranz, zu religiösen Kriegen und zur Rettung der Seelen durch die Inquisition.”
Die offene Gesellschaft und ihre Feinde
Das Elend des Historizismus
Essays und Populäres
Karl Popper erhielt zahlreiche Auszeichnungen und Ehrungen, darunter den Lippincott Award der American Political Science Association, den Sonning-Preis, die Otto-Hahn-Friedensmedaille der Gesellschaft der Vereinten Nationen in Berlin sowie Stipendien der Royal Society, der British Academy, der London School of Economics, des King’s College London, des Darwin College, Cambridge, der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und der Karls-Universität Prag.
Er wurde 1965 von Königin Elisabeth II. zum Ritter geschlagen und 1976 zum Fellow der Royal Society gewählt. 1982 wurde er mit den Insignien eines Mitglieds des Ordens der Companions of Honour ausgezeichnet.
Die Ehrenbürgerschaft und zahlreiche Auszeichnungen erhielt Karl Popper von der Stadt Wien.
Die Bundesrepublik Deutschland verlieh ihm das Große Verdienstkreuz mit Stern und Schärpe des Verdienstordens sowie den Orden Pour le Mérite für Wissenschaften und Künste.
Im Jahr 1989 wurde er als erster mit dem Internationalen Katalonien-Preis für „seine Arbeit zur Entwicklung kultureller, wissenschaftlicher und menschlicher Werte in der ganzen Welt“ ausgezeichnet.
1992 erhielt er den Kyoto-Preis für Kunst und Philosophie als „Symbol für den offenen Geist des 20. Jahrhunderts“ und für seinen „enormen Einfluss auf die Gestaltung des modernen intellektuellen Klimas“.
Quelle: https://en.wikipedia.org
„Ich bin ein ganz und gar altmodischer Philosoph, der an eine völlig veraltete und überholte Philosophie glaubt. Es ist die Philosophie eines längst vergangenen Zeitalters, des Zeitalters des Rationalismus und der Aufklärung. Als einer der letzten Nachzügler des Rationalismus und der Aufklärung glaube ich an die Selbstbefreiung des Menschen durch das Wissen.“ [1]
Karl Popper war ein streitbarer Geist, der auch die philosophischen Autoritäten gern in Frage stellte.
Platon unterzog er in „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“ einer umfangreichen Kritik. Er warf ihm vor, mit seinem Idealstaat eine totalitäre Gesellschaft zu propagieren. In dieser Gesellschaft sollte eine kleine Elite, die „Philosophenkönige“, die absolute Macht haben, während die Mehrheit der Bevölkerung unter strenger Kontrolle und Hierarchie steht. Die Demokratie hingegen betrachtete Platon als eine Herrschaft der Unwissenden. Popper sah darin einen Vorläufer von totalitären Regimen, da Platons System individuelle Freiheit stark einschränkt und den Staat über das Individuum stellt.
Auch warf er Platon vor, die Gesellschaft auf der Grundlage von festen, natürlichen Hierarchien und vermeintlich ewigen Idealen zu gestalten. Platons Philosophie beinhaltete die Vorstellung, dass die Welt der Ideen unveränderlich und vollkommen sei und dass die materielle Welt nach diesem idealen Plan geordnet werden sollte. Popper sah in dieser Geschichtsphilosophie die Wurzel für politische Systeme, die den Menschen vorschreiben, sich einem „höheren“ Ziel oder einer vorbestimmten Ordnung zu unterwerfen.
Popper kritisierte Platon dafür, dass er Veränderung und Fortschritt als negativ betrachtete. Platon strebte nach einer idealen Gesellschaft, in der es keinen Wandel geben sollte, weil diese Gesellschaft bereits die höchste Form menschlicher Organisation darstelle. Popper hingegen plädierte für die offene Gesellschaft, die durch Diskussion und Reform stetig verbessert wird. Er sah Platons Vorstellung eines stabilen, unveränderlichen Staates als gefährlich an, da sie Innovation und Kritik unterdrückt.
Hegel
Ähnlich waren die Vorwürfe gegen Hegel. Popper sagte, er kann „in der Philosophie der Romantik und insbesondere in der Philosophie der drei großen Führer des deutschen Idealismus, Fichte, Schelling und Hegel, nichts anderes sehen als eine intellektuelle und moralische Katastrophe – die größte intellektuelle und moralische Katastrophe, von der die deutsche und die europäische Intelligenz jemals heimgesucht wurde.“ [2]
Hegel behauptete, dass die Geschichte einer festen, dialektischen Entwicklung folgt, die letztlich zum Endpunkt der Vernunft oder des absoluten Geistes führt. Popper hielt diese Sichtweise für gefährlich, da sie den Historizismus fördert – also den Glauben, dass die Geschichte einem festen Muster folgt, das durch Philosophen oder Führer verstanden und gesteuert werden kann. Dieser Glaube könne totalitäre Regime legitimieren, die behaupten, im Einklang mit den „Gesetzen der Geschichte“ zu handeln.
Popper war auch ein Kritiker von Hegels Schreibstil und seiner undurchsichtigen, bewusst mystifizierenden Sprache. Er warf Hegel vor, eine Art von vernebelnder Rhetorik zu verwenden, die es unmöglich mache, seine Aussagen klar zu prüfen oder zu widerlegen.
Marx
Obwohl Popper in jungen Jahren Anhänger der Ideen von Karl Marx war und der Kommunistischen Partei beitrat, wandte er sich bald vom Marxismus wieder ab. Er erkannte zwar an, dass Marx wichtige soziale Probleme des Kapitalismus aufgezeigt habe, aber er hielt seine Theorien insgesamt für problematisch, weil sie zu totalitären Tendenzen führen und den Fortschritt der Gesellschaft behindern könnten. Wie schon bei Platon und Hegel lehnte er den historischen Determinismus ab, der die Grundlage der Marxschen Geschichtsphilosophie bildete.
Auch teilte er Marx‘ Lehre nicht, dass der Klassenkampf die einzige treibende Kraft in der Geschichte sei, sondern meinte, dass gesellschaftliche Probleme durch schrittweise Reformen gelöst werden könnten, anstatt durch revolutionäre Umstürze.
Adorno und Habermas
Im „Positivismusstreit“ der 1960er Jahre standen sich zwei Lager gegenüber: Karl Popper und die Vertreter des kritischen Rationalismus, der eine empirische Wissenschaft verlangte, und auf der anderen Seite die Frankfurter Schule, die den Positivismus als reduktionistisch kritisierte und eine gesellschaftskritische Rolle der Sozialwissenschaften forderte. Auch ging es dabei um die Frage, ob die Sozialwissenschaften wertneutral sein sollten. Während Popper für eine möglichst wertfreie Wissenschaft plädierte, die sich auf Fakten stützt und normative Urteile von empirischer Forschung trennt, argumentierte Adorno, dass Sozialwissenschaften nie vollständig wertneutral sein könnten, weil die Wissenschaftler selbst Teil der gesellschaftlichen Strukturen seien, die sie untersuchen, und weil die Wahl der Fragestellungen und die Interpretation der Ergebnisse immer von normativen Annahmen durchdrungen seien.
„Ich kann nur sagen, wenn ich Adorno oder Habermas lese, fühle ich mich, als ob Verrückte sprechen würden.“ [3]
Mit diesen drastischen Worten wendet sich Popper gegen die schwer verständliche Sprache, die er schon an Hegel kritisierte.
„Ich habe einige ihrer deutschen Sätze in einfaches Deutsch übersetzt. Es stellt sich heraus, dass sie entweder trivial oder tautologisch oder schlichtweg prätentiöser Unsinn sind.“
Hier einige Beispiele: [4]
Zitat Habermas | „Übersetzung“ Popper |
Die gesellschaftliche Totalität führt kein Eigenleben oberhalb des von ihr Zusammengefaßten, aus dem sie selbst besteht. | Die Gesellschaft besteht aus den gesellschaftlichen Beziehungen. |
ebensowenig aber ist Totalität eine Klasse, die sich umfangslogisch bestimmen ließe durch ein Zusammennehmen aller unter ihr befaßten Elemente. | ebensowenig ist (sic) das Ganze eine Klasse von Elementen. |
Theorien sind Ordnungsschemata, die wir in einem syntaktisch verbindlichen Rahmen beliebig konstruieren. | Theorien sollten nicht ungrammatisch formuliert werden; ansonsten kannst Du sagen, was Du willst. |
Sie erweisen sich für einen speziellen Gegenstandsbereich dann als brauchbar, wenn sich ihnen die reale Mannigfaltigkeit fügt. | Sie sind auf ein spezielles Gebiet dann anwendbar, wenn sie anwendbar sind. |
[1] Referat 25. August 1958 in: „Alle Menschen sind Philosophen“ München: Piper 2002 S.197
[2] ebd.
[3] Karl Popper: Brief vom 28.04.1970 an Raymond Aron
[4] „Gegen die großen Worte“ in Karl Popper „Auf der Suche nach einer besseren Welt“ München: Piper 1984
Bildnachweis
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