Wenn nicht entweder
die Philosophen Könige oder die Könige Philosophen werden,
und wenn nicht
die politische Macht und die Philosophie zusammenfallen
und all jene, die heute ausschließlich nach dem einen oder dem anderen streben,
zwingend ausgeschlossen werden,
dann gibt es kein Ende der Übel für die Staaten und für die Menschheit.
Platon
Platons Idee der Philosophenherrschaft wurde über die Jahrhunderte hinweg heftig diskutiert. Erprobt wurde sie nie, zumindest nicht in der Ausgestaltung, wie Platon sie formuliert hatte.
Platons Idee der Philosophenherrschaft, wie sie in seinem Werk “Der Staat” dargelegt ist, postuliert, dass die ideale Regierung von Philosophenkönigen geführt werden sollte. Diese Herrscherklasse soll durch ihre Liebe zur Wahrheit und ihrem Streben nach Weisheit die Fähigkeit besitzen, die Gesellschaft gerecht und zum Wohl aller zu lenken.
Platon präferierte diese Herrschaftsform gegenüber der Demokratie, weil diese seiner Ansicht nach zu Instabilität und Unordnung führt, da sie von den Launen und Wünschen der Mehrheit abhängig ist, die sich schnell ändern können. Er argumentierte auch, dass die Demokratie die Gefahr birgt, dass unqualifizierte oder populistische Führer an die Macht gelangen, die nicht die notwendige Weisheit und Kompetenz besitzen, um das Gemeinwohl zu fördern, sondern an jene, die die Massen am besten manipulieren können.
Platon argumentiert, dass die Philosophenherrschaft aufgrund der natürlichen Fähigkeit der Philosophen, das Gute zu erkennen und danach zu handeln, überlegen sei. Da Philosophen nach Wahrheit und Weisheit streben und nicht von den Begierden oder egoistischen Motiven beeinflusst werden, würden sie in der Lage sein, gerechte und weise Entscheidungen zum Wohl der gesamten Gesellschaft zu treffen.
Platon schlug vor, dass die Philosophenkönige durch ein strenges Auswahlverfahren berufen werden, das ihre natürlichen Neigung zur Philosophie, ihre intellektuellen Fähigkeit und ihre moralische Integrität bewertet. Dieses Verfahren sollte eine umfassende Ausbildung in Mathematik, Dialektik, Ethik und anderen philosophischen Disziplinen beinhalten, um sicherzustellen, dass die Kandidaten die notwendigen Fähigkeiten und Kenntnisse für die Herrschaft erlangen, die sie vernünftige und moralisch richtige Entscheidungen treffen lassen, ohne von Begierden oder Egoismus beeinflusst zu werden.
Der einzige Philosoph, der ein bedeutender Herrscher wurde, war Mark Aurel.
Es gab jedoch Machthaber, die zwar keine Philosophenkönige waren, aber als aufgeklärte Herrscher bekannt sind.
Karl der Große (742-814)
Karl der Große, auch bekannt als Karl I., war König der Franken und später Kaiser des Fränkischen Reiches (Karolingisches Reich) von 768 bis zu seinem Tod 814. Er förderte Bildung und Kultur in seinem Reich, gründete Schulen und unterstützte Gelehrte wie Alkuin von York. Seine Bemühungen trugen zur Karolingischen Renaissance bei, einer Wiederbelebung des Lernens und der Kultur im fränkischen Reich.
Alfonso X. von Kastilien (1221-1284)
Alfonso X., bekannt als Alfonso der Weise, war König von Kastilien und León von 1252 bis 1284. Er war ein Förderer der Wissenschaften und der Künste und ließ zahlreiche literarische und wissenschaftliche Werke ins Spanische übersetzen. Er gründete auch die berühmte Schule von Übersetzern in Toledo, wo arabische, hebräische und griechische Texte ins Lateinische übersetzt wurden.
Friedrich II. von Preußen (1712-1786)
Friedrich der Große, auch als “Der Alte Fritz” bekannt, regierte Preußen von 1740 bis 1786. Er war ein Anhänger der Aufklärung und führte Reformen im Bereich der Justiz, Bildung und Landwirtschaft durch. Friedrich unterstützte auch die Religionsfreiheit und förderte die Künste.
Karl III. von Spanien (1716-1788)
Karl III. regierte von 1759 bis 1788 und führte in Spanien wirtschaftliche und administrative Reformen durch. Sein besonderes Anliegen war es, die Bürokratie zu modernisieren, das Bildungssystem zu verbessern und Handel und Landwirtschaft zu fördern.
Katharina die Große von Russland (1729-1796)
Katharina II. regierte das russische Reich von 1762 bis 1796. Sie versuchte, eine umfassende Modernisierung durchzuführen und reformierte das Rechtssystem, die Verwaltung und das Bildungssystem. Sie korrespondierte auch mit einigen der führenden Köpfe der europäischen Aufklärung.
Joseph II. von Österreich (1741-1790)
Joseph II., Kaiser des Heiligen Römischen Reiches von 1765 bis 1790, unternahm viele Reformen, um das Leben seiner Untertanen zu verbessern. Er erließ Gesetze zur Religionsfreiheit, führte eine Justizreform durch und unterstützte Bildungsinitiativen.
In den Jahren 161-180 römischer Kaiser, war er zugleich einer der bedeutendsten Vertreter der stoischen Philosophie.
Schau dir dieses Video über Mark Aurel und die Stoa an.
Bekannt ist Mark Aurel vor allem durch seine “Selbstbetrachtungen“, die er während der zahlreichen Feldzüge verfasste. Sie gehören zu den berühmtesten Werken antiker Philosophie.
Die “Selbstbetrachtungen” von Mark Aurel, auch bekannt als “Die Gedanken des Kaisers Mark Aurel Antoninus”, sind eine Sammlung von persönlichen Notizen und Reflexionen, die der römische Kaiser Mark Aurel während seiner Regierungszeit niedergeschrieben hat.
Mark Aurel war ein Schüler der Stoischen Philosophie, und die “Selbstbetrachtungen” reflektieren die Prinzipien dieser Lehre. Die Stoiker glaubten an die Notwendigkeit der Selbstbeherrschung, der Akzeptanz des Schicksals und der Tugend als höchstem Gut. In den “Selbstbetrachtungen” denkt Mark Aurel über Themen wie die Vergänglichkeit des Lebens, die Kontrolle über die eigenen Gedanken und Handlungen sowie die Bedeutung von Tugend und Moral nach.
Was dem Staat nicht schädlich ist, beschädigt auch den Bürger nicht.
Mark Aurel betrachtete sich selbst nicht nur als Kaiser, sondern auch als Philosophenkönig. Er strebte danach, seine Macht und Autorität in Einklang mit den Prinzipien der Stoiker zu nutzen. Die “Selbstbetrachtungen” zeigen, wie er sich selbst disziplinierte, um als gerechter Herrscher zu regieren und persönlich moralisch zu handeln.
Wer das Unrecht nicht verbietet, wenn er kann, der befiehlt es.
Obwohl Mark Aurel ein mächtiger Kaiser war, zeigt er in seinen Schriften auch eine bemerkenswerte Menschlichkeit und Mitgefühl. Er betont die Idee der Brüderlichkeit aller Menschen und erinnert sich oft daran, dass auch diejenigen, die Fehler machen, eine Art von Leid erfahren. Diese empathische Haltung spiegelt sich in seinem Verständnis der menschlichen Natur wider und prägt seine politische Philosophie.
Alexander der Große und sein Maultiertreiber sind durch ihren Tod in den gleichen Zustand versetzt worden.
Ein zentrales Thema in den “Selbstbetrachtungen” ist die Idee der Resilienz und Gelassenheit inmitten von Herausforderungen und Schwierigkeiten. Mark Aurel ermutigt sich selbst und andere, ruhig und besonnen zu bleiben, auch wenn das Leben unvorhersehbare Ereignisse und Hindernisse mit sich bringt. Diese Haltung der Gelassenheit ist eine der Grundlagen der stoischen Philosophie.
Diese Gurke ist bitter. Nun, so wirf sie weg. Hier sind Dorngesträuche am Weg. Weiche ihnen aus. Das ist alles. Frage nicht noch: Wozu gibt es solche Dinge in der Welt?
Platons Idee der Philosophenherrschaft wurde zu allen Zeiten überwiegend abgelehnt oder als utopisch angesehen.
Dass Könige philosophieren, oder Philosophen Könige würden, ist nicht zu erwarten, aber auch nicht zu wünschen; weil der Besitz der Gewalt das freie Urteil der Vernunft unvermeidlich verdirbt.
Immanuel Kant
Wenn ich eine französische Provinz zu bestrafen hätte, würde ich sie von einem Philosophen regieren lassen.
Georges Clemenceau
Das wäre mir die rechte Höhe,
Da zu befehlen, wo ich nichts verstehe!
J.W. Goethe
Es scheint mir Wahnsinn, alle unsere politischen Bemühungen auf die schwache Hoffnung zu gründen, dass die Auswahl hervorragender oder auch nur kompetenter Herrscher von Erfolg begleitet sein wird.
Karl Popper
Bildnachweis
Reiterstatue Mark Aurel: Rosco~commonswiki (CC BY-SA 2.5 DEED)
Buch Betrachtungen: Gerd Thiele (CC BY-SA 2.0 DE)
Kopf einer Büste des Mark Aurel: Barnos (CC BY-SA 3.0 DEED)
Relief Mark Aurel begnadigt Germanenhäuptlinge (GNU Free Documentation License)
alle anderen Bilder gemeinfrei (public domain)
Zitatnachweis
Platon (Wenn nicht entweder die Philosophen Könige): “Politea” Buch V
Immanuel Kant (Dass Könige philosophieren): “Zum ewigen Frieden” (1795)
J.W. Goethe (Das wäre mir die rechte Höhe): “Faust” II (1832)
Georges Clemenceau (Wenn ich eine französische Provinz) – Quelle nicht gefunden
Karl Popper (Es scheint mir Wahnsinn): “Die offene Gesellschaft und ihre Feinde” Bd.1 (1945)