Es gab mehrere markante Punkte in der Geschichte, an denen die Philosophie auf Null gesetzt und alles bis dahin Gedachte in Frage gestellt wurde.
Sokrates (469-399 v. Chr.) markiert die erste dieser Zäsuren.
Einen Wendepunkt in der Geschichte der Philosophie setzte René Descartes.
“Ich denke, also bin ich” ist nicht nur einer der meistzitierten philosophischen Sätze, auf ihm baut ein Denksystem, für das Descartes als Begründer der neuzeitlichen Philosophie angesehen wird – “und das, wie mir scheint, mit Recht“. (Bertrand Russell)
Wie kaum ein Zweiter hat
Immanuel Kant
die Philosophie geprägt.
Seine Schriften über die Vernunft markieren den Beginn eines neuen Denkens.
In der Zeit nach ihm erscheint die Geschichte der Philosophie “zu einem wesentlichen Teil als Wirkungsgeschichte […] Kantischer Gedanken.” (Ottfried Höffe)
Grundlegende Annahmen und Methoden der Philosophie hinterfragte auch
Ludwig Wittgenstein.
Sein einzigartiger Ansatz zu Sprache und Logik hatte tiefgreifenden Einfluss.
Er ist der bisher einzige Philosoph, dessen Nachlass in das Weltdokumentenerbe der UNESCO aufgenommen wurde.
Sokrates führte eine neue Methode der philosophischen Untersuchung ein, die als sokratische oder mäeutische Methode bekannt ist. Anstatt dogmatische Behauptungen aufzustellen, forderte er seine Gesprächspartner auf, ihre Überzeugungen und Annahmen zu hinterfragen. „Ich weiß, dass ich nicht weiß“, war für ihn Voraussetzung für neue Erkenntnis.
Sokrates war stark daran interessiert, ethische Fragen zu erkunden und die Menschen zum Nachdenken über moralische Themen und das gute Leben anzuregen. Er betonte die Bedeutung von Tugend und dem Wissen um das Gute. Das individuelle Denken und die Suche nach innerer Weisheit und moralischer Integrität galten für ihn als höchste Ziele.
Sokrates stellte kritische Fragen an die etablierten Autoritäten seiner Zeit, insbesondere an die Sophisten, die als Rhetoriklehrer und Weisheitslehrer galten. Er hinterfragte ihre Ansichten und zeigte, dass wahre Weisheit sich nicht in rhetorischem Geschick zeigt, sondern auf gründlichem Denken und reflektierender Vernunft beruht.
Damit schuf er sich viele Feinde, die schließlich Gründe fanden, ihm den Prozess zu machen. Sokrates wurde angeklagt, den Glauben an die traditionellen griechischen Götter zu verderben und neue Gottheiten einzuführen. Dies wurde als “Gottlosigkeit” betrachtet, was ein schweres Vergehen in der religiösen und sozialen Ordnung Athens war. Eine weitere Anklage gegen Sokrates war, dass er junge Athener dazu verleitete, ihre elterlichen Traditionen und die Autorität der Staatsführung in Frage zu stellen. Er wurde zum Tode verurteilt.
(näheres dazu siehe Tafel “Vergiftet, versklavt, vertrieben – die Schicksale der Großen Drei in Athen”)
Sokrates hatte einen enormen Einfluss auf nachfolgende Philosophen. Platon, einer seiner bekanntesten Schüler, widmete ihm zahlreiche Dialoge und entwickelte viele seiner Ideen weiter. Sokrates’ Ansatz des kritischen Fragens und seine Betonung der Ethik beeinflussten die gesamte Philosophiegeschichte.
“Sein Auftreten bedeutet eine der folgenreichsten Revolutionen in der Geschichte der Philosophie … indem nämlich mit ihm etwas in die Geschichte der Menschheit eintrat, was von da an zu einer immer weiter wirkenden Kulturkraft wurde: die in sich selbst unerschütterlich gegründete, autonome sittliche Persönlichkeit.” (Hans Joachim Störig)
Zitatnachweis
Bertrand Russell “Philosophie des Abendlandes” Köln: Parkland 2000
Ottfried Höffe “Immanuel Kant” München: Beck 1983
Hans Joachim Störig “Kleine Weltgeschichte der Philosophie” Stuttgart: Kohlhammer 1950
Bildnachweis
Sokrates Collage: fszalai (CC 0)
Sokrates und Platon Statuen: Yair Haklai (CC BY-SA 4.0)