«In einer 1990 erschienenen Kleinen Geschichte der Philosophie werden die fünfzig wirkungsreichsten Philosophen der Welt porträtiert. Erstaunlich an der Auswahl ist, dass von den fünfzehn Deutschen zwei Drittel wenigstens mittelbare Beziehungen zu Thüringen unterhalten, sieben dort sogar entscheidende Bildungs- und Wirkungsjahre verbracht haben.»

D. Ignasiak, F. Lindner „Das philosophische Thüringen“ Jena: quartus-Verlag 1998

kleines Land – große Denker

Zur Geschichte der Philosophie in Thüringen
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Sonderausstellung
Kleines Land – große Denker

Bereich 1

Zeitleiste:

Personen und Ereignisse der Thüringer Philosophiegeschichte
(bis 1930)

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(Dieses Bild eines anonymen Künstlers ist keine zeitgenössische Darstellung Alberts.)

Albert (oder Albrecht) von Orlamünde lebte im 13. Jahrhundert und kann als der erste thüringische Philosoph angesehen werden. Der Dominikanermönch war ab 1229 maßgeblich an der Verbreitung seines Ordens in Thüringen beteiligt. Er war Schüler des Albertus Magnus und wirkte als Lektor in einem Ordensstudium. Von ihm ist die philosophische Abhandlung „Philosophia pauperum“ überliefert, ein kurzes Lehrbuch der Naturphilosophie, das auch für ärmere Studenten erschwinglich war.

Albert v. Orlamünde

Der Erfurter Humanistenkreis zählt zu den bedeutenden geistigen Gemeinschaften der deutschen Renaissance und Frühreformation. Ihm widmet sich der gleichnamige Ausstellungsteil.

Die Erfurter Humanisten

Die Eltern von Martin Luther (1483-1546) stammten aus Thüringen und auch sein Lebensweg war eng mit Thüringen verbunden.
Er ging in Eisenach zur Schule, studierte in Erfurt und trat in das dortige Augustinerkloster ein.
Nach der Anklage gegen ihn auf dem Wormser Reichstag (1531) wurde er auf der Wartburg in Schutzhaft genommen, wo er 10 Monate zubrachte und während dieser Zeit an der Übersetzung des Neuen Testaments arbeitete.

Näheres dazu im Ausstellungsteil „Der Erfurter Humanistenkreis“

Martin Luther

Athanasius Kircher (1602-1680) war ein deutscher Jesuit und gilt als einer der letzten großen Universalgelehrten des Barock, der sich mit fast allen Wissensgebieten seiner Zeit beschäftigte. Er wurde in Geisa in der thüringischen Rhön geboren und wirkte die meiste Zeit seines Lebens in Rom. Dort lehrte er am am Collegium Romanum und führte das Museum Kircherianum, eine typische barocke Wunderkammer, die Vorläufer der späteren wissenschaftlichen Museen war.

Athanasius Kircher

Friedrich Hölderlin (1770-1843) ist als einer der bedeutendsten Lyriker seiner Zeit bekannt, aber auch sein philosophisches Werk verdient es, gewürdigt zu werden. Näheres dazu im Ausstellungsteil „Jena – Brutstätte des Idealismus“

Friedrich Hölderlin

Von 1794-1806 wirkten in Jena drei der einflussreichsten Systemdenker der deutschen Geistesgeschichte: Fichte, Schelling und Hegel. Ihr Schaffen machte Jena zur „Brutstätte des Deutschen Idealismus“. Dem widmet sich der gleichnamige Ausstellungsteil.

Die Jenaer Idealisten

Jacob Friedrich Fries (1773-1843) studierte in Jena Philosophie und lehrte dort, mit Unterbrechungen, bis zu seinem Lebensende. Er begründete eine neue Schule, die den spekulativen Idealismus von Hegel, Fichte und Schelling ablehnte, sich stattdessen wieder stärker an Kant orientierte und den empirischen Wissenschaften größere Bedeutung zukommen ließ.

Jacob F. Fries

Max Scheler (1874-1928) war ein deutscher Philosoph und Soziologe, der vor allem für seine Beiträge zur Phänomenologie, Ethik und Anthropologie bekannt ist. Er habilitierte sich 1899 in Jena und lehrte dort als Privatdozent bis 1905.

Max Scheler in unserer Ruhmeshalle

Max Scheler

Eckhart von Hochheim, genannt Meister Eckhart (1260-1328) war ein bedeutender Denker des Mittelalters. Er gilt als wirkmächtigster Vertreter der Mystik.
Eckhart wurde in der Nähe von Gotha (heute Tambach-Dietharz oder Hochheim) geboren, vermutlich als Sohn des Ritters Eckhart von Hochheim.

Näheres dazu im Ausstellungsteil „Der Erfurter Humanistenkreis“

Meister Eckhart
(KI-generiertes Bild)

Die Spätscholastik (ca. 1350–1500) war die letzte Phase der mittelalterlichen Gelehrsamkeit. Sie war eng mit der Gründung und dem Aufstreben der Universität Erfurt verbunden.

Näheres dazu im Ausstellungsteil „Der Erfurter Humanistenkreis“

Spätscholastik in Erfurt

Philipp Melanchthon (1497-1560), neben Martin Luther der wichtigste geistige Akteur der Reformation, lehrte kurzzeitig an einer Außenstelle der Wittenberger Hochschule in Jena und war wesentlich an der Gründung der Jenaer Universität beteiligt. Seine philosophischen Werke und sein Einsatz für die Erneuerung des Bildungssystems hatten großen Einfluss auf die Entwicklung des Humanismus und der Reformation in Europa.

Näheres dazu im Ausstellungsteil „Der Erfurter Humanistenkreis“

Melanchthon

Johann Matthäus Meyfart (1590-1642) ging in Gotha zur Schule und studierte in Jena. Als Theologe machte er sich einen Namen mit einer Schrift gegen die Hexenprozesse, in der er sich klar gegen die Positionen Luthers und Calvins stellte. Nur im liberalen Erfurt wurde die Schrift gedruckt, weshalb er 1633 an die dortige Universität wechselte, wo er zwei Jahre als Rektor tätig war.

Johann Meyfart

Erhard Weigel, geboren 1625 in Weiden (Oberpfalz), kam 1653 nach Jena, wo er vier Jahrzehnte als Hochschullehrer tätig war. Als Mathematiker, Astronom, Pädagoge und Philosoph prägte Weigel eine ganze Generation von Studierenden.

Näheres dazu im Ausstellungsteil „Jena – Brutstätte des Idealismus“

Erhard Weigel

Goethe, Schiller, Herder und Wieland nannte man das „Viergestirn der Weimarer Klassik“. Ihm widmet sich der gleichnamige Ausstellungsteil.

Das Viergestirn der Klassik

Arthur Schopenhauer (1788-1860) war einer der bedeutendsten Philosophen des 19. Jahrhunderts. Seine frühen Jahre sind eng mit Thüringen verbunden.
In Gotha und Weimar ging er zur Schule. Während dieser Zeit verliebte er sich unglücklich in die Geliebte des Herzogs.
Während eines Aufenthalts in Rudolstadt stellte er die Dissertationsschrift fertig, mit der er 1813 in Jena promoviert wurde.
Schopenhauers Mutter unterhielt in Weimar einen literarischen Salon, über den er Bekanntschaft mit Goethe machte und häufig mit ihm zusammentraf.

Arthur Schopenhauer in unserer Ruhmeshalle

A. Schopenhauer

Karl Marx (1818-1883) war einer der wirkmächtigsten Philosophen, Ökonomen und politischen Theoretiker der Geschichte.
Mit Thüringen verbindet ihn, dass er seine Dissertation an der Universität Jena einreichte und 1841 dort promoviert wurde.
Sein Name ist außerdem mit dem Gothaer Programm von 1871 verbunden, zu dem er die berühmten Randglossen schrieb.

Karl Marx in unserer Ruhmeshalle

Karl Marx

Ernst Haeckel (1834-1919) war ein deutscher Zoologe, Naturphilosoph und Künstler, der maßgeblich zur Verbreitung der Evolutionstheorie von Charles Darwin in Deutschland beitrug.
Haeckel ist Ehrenbürger der Stadt Jena, mit der sein Wirken eng verbunden ist. 1862 erhielt er dort eine Professur. Er leitete das Zoologische Institut der Universität und stiftete das Phyletische Museum.

Ernst Haeckel
Nicolaus Marschalk, zeitgenössischer Holzstich (Stadtarchiv Erfurt)

Nicolaus Marschalk (um 14660-1525) erhielt im flandrischen Löwen eine humanistische Ausbildung. Er kam 1491 nach Erfurt, wo er zehn Jahre blieb, und gilt somit als erster dauerhaft in Erfurt wirkender Humanist.

Näheres dazu im Ausstellungsteil „Der Erfurter Humanistenkreis“

Nicolaus Marschalk

Justus Lipsius (1547-1606) war ein flämischer Philosoph und eine der einflussreichsten Persönlichkeiten der Spätrenaissance. Von 1572-73 lebte er in Jena und hatte dort eine Professur für Beredsamkeit und Geschichte.

Peter Paul Rubens hat Lipsius in dem Gemälde „Die vier Philosophen“ verewigt. (2. v.r)

Justus Lipsius

Daniel Stahl (1589–1654) wirkte in Jena ab 1623 als Professor für Logik und Metaphysik und war mehrmals Dekan der Philosophischen Fakultät sowie Rektor der Alma Mater. Seine Bedeutung liegt vor allem in seiner jahrzehntelangen, einflussreichen Lehrtätigkeit, in deren Verlauf sich die Philosophie endgültig von der Theologie abgrenzte und als selbständige Wissenschaft etablierte.

Daniel Stahl

Voltaire (1694-1778), einer der bedeutendsten französischen Aufklärer, weilte auf Einladung von Herzogin Louise Dorothée mehrere Wochen am Gothaer Hof. Er diskutierte dort Leibniz‘ Idee von der besten aller Welten und entwarf daraufhin sein Werk „Candide“.

Voltaire in unserer Ruhmeshalle

Voltaire

Karl Wilhelm Friedrich Schlegel (1772-1829) gilt als Kulturphilosoph, der die enge Verbindung von Philosophie und Poesie betonte.
Er lebte viele Jahre in Jena, wo er zum Cheftheoretiker der Frühromantik avancierte. Seine philosophisch begründeten Studien waren maßgeblich für die Entwicklung der modernen Literaturkritik und Ästhetik sowie für Konzepte wie die progressive Universalpoesie und die romantische Ironie.

Näheres dazu im Ausstellungsteil „Jena – Brutstätte des Idealismus“

Friedrich Schlegel

Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844-1900) war ein deutscher Philosoph, Dichter und Philologe. Seine Philosophie befasste sich hauptsächlich mit Themen wie Moral, Kunst, Religion und Kultur.
Zahllose Philosophen und Künstler wurden von Nietzsches Ideen wesentlich beeinflusst.
Die letzten Jahre seines Lebens verbrachte er, schwer krank und geistig umnachtet, in Weimar. Dort befindet sich das von seiner Schwester gegründete Nietzsche-Archiv.

Friedrich Nietzsche in unserer Ruhmeshalle

Friedrich Nietzsche

Rudolf Eucken (1846-1926) war ein deutscher Philosoph, der für seine idealistische Philosophie und als Nobelpreisträger für Literatur 1908 bekannt ist. Seine Arbeit konzentrierte sich auf eine eigenständige, transzendente Wirklichkeit des Geistes, die das menschliche Dasein erneuern soll.
Eucken erhielt 1874 eine Professur an der Uni Jena und wurde 1916 zum Ehrenbürger der Stadt Jena ernannt.

Rudolf Eucken

Gottlob Frege (1848-1925) war ein deutscher Mathematiker und Philosoph, der als einer der wichtigsten Begründer der modernen analytischen Philosophie und Logik gilt.
Er studierte in Jena und war dort von 1896-1917 als Honorarprofessor tätig.

Gottlob Frege

1300

1400

1500

1600

1700

1800

1900

Scholastik und Mystik sind die zentralen Strömungen der mittelalterlichen Philosophie. Sie bilden das Bindeglied zwischen antiker und neuzeitlicher Philosophie.

Näheres dazu im Ausstellungsteil „Die Erfurter Humanisten“

Der Humanismus war eine Epoche des Übergangs vom Mittelalter zur Neuzeit, beginnend im 14. bis zum Ende des 16. Jahrhunderts. Es war eine bedeutende Bildungs- und Geistesbewegung, die sich durch die Wiederentdeckung antiker Texte und die Fokussierung auf den Menschen und seine individuellen Fähigkeiten auszeichnete. Der Humanismus hatte großen Einfluss auf Literatur und Kunst sowie auf die Philosophie, die sich von der mittelalterlichen Scholastik löste und zunehmend wissenschaftlich orientierte.

Näheres dazu im Ausstellungsteil „Die Erfurter Humanisten“

Die Aufklärung war eine Epoche, die im wesentlichen das 18. Jahrhundert umfasste. Ihr Anliegen war es, der Vernunft gegenüber Gefühl und Glaube Geltung zu verschaffen. Der von Kant geprägte Leitspruch „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“ drückt die Forderung aus, sich nicht mehr blind auf Traditionen, Autoritäten oder religiöse Dogmen zu verlassen. Diese Bewegung führte zu bedeutenden gesellschaftlichen und politischen Veränderungen und prägte die Literatur und Philosophie nachhaltig.

Die Romantik ist eine Epoche der europäischen Kunst, Literatur, Musik und Philosophie. Sie umfasst etwa die Zeit von 1795 bis 1848.
Die Romantik war eine Gegenbewegung zur rationalen Aufklärung und zeichnet sich durch die Hinwendung zu Gefühl, Fantasie, der Natur und dem Übernatürlichen aus.

Näheres dazu im Ausstellungsteil „Jena – Brutstätte des Idealismus“

Die Reformation war eine religiöse Erneuerungsbewegung im 16. Jahrhundert, die zur Spaltung der christlichen Kirche in die katholische und die evangelische (protestantische) Konfession führte. Die zentrale Figur der Reformation war Martin Luther.

Sturm und Drang war eine deutsche literarische Epoche (ca. 1765–1785), die als Reaktion auf die Aufklärung das emotionale, gefühlsbetonte Individuum in den Mittelpunkt stellte und als Protestbewegung junger Autoren gegen gesellschaftliche Zwänge und Autorität gilt.

Näheres dazu im Ausstellungsteil „Das Weimarer Viergestirn“

Der deutsche Idealismus ist eine philosophische Bewegung, die sich im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert in Deutschland entwickelte. Zentrale Figuren sind die Philosophen Kant, Fichte, Schelling und Hegel. Die Bewegung versucht, die Einheit von Natur und Geist zu fassen, indem sie die Rolle des denkenden Subjekts für die Wirklichkeit betont, die Außenwelt also nicht als unabhängig von der Vorstellung betrachtet.

Näheres dazu im Ausstellungsteil „Jena – Brutstätte des Idealismus“